Der legendäre Dempster
1800km Schotterpiste, unberührte Natur, Zugang zum Arktischen Meer, ein Abenteuer – Wir sind ihn gefahren, den legendären Dempster Highway!
Vollbeladen mit Diesel, Wasser und Nahrung fahren wir von Tok (Alaska) über den Top of the World Highway wieder zurück in den Yukon. Unser erstes Ziel ist Dawson City, wo wir die letzten Vorbereitungen und Abklärungen vor dem Start auf den Dempster Highway tätigen wollen.
Diese legendäre Piste verbindet den Yukon mit den Northwest Territories und ist die einzige Strasse, die in Kanada über den Polarkreis führt. Seit letztem Jahr wurde das bisherige Ende des Highways um 140km bis nach Tuktoyaktuk ans Polarmeer erweitert. Dieses Abenteuer wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Wenn wir schon mal so hoch im Norden sind, dann erst recht! Wir fahren bis es nicht mehr weiter geht, bis das Land aufhört und das Meer beginnt….
…und da stehen wir nun: Vor der Tafel, die die Einfahrt auf den Dempster Highway ankündigt und lassen uns für ein erstes Erinnerungsfoto ablichten. Wir sind nicht allein. Jessica und Jorge, die wir schon in Whitehorse getroffen haben (www.liveworkwander.com) begleiten uns. Die beiden haben wir zufällig am Tag zuvor auf dem Parkplatz des Visitor Centers in Dawson angetroffen, wo sie kurzerhand entschlossen haben, mit uns zu fahren (sie waren da eigentlich gerade drauf und dran den Motor zu starten und bereits loszufahren). Uns kommt es gerade gelegen, etwas Gesellschaft zu haben, da wir in letzter Zeit ein wenig von Heimweh geplagt wurden.
Schon auf den ersten Kilometern tauchen wir ein, in ein Aquarell in Echtgrösse. Darauf abgebildet eine wundervolle Landschaft aus sanften Hügeln, markanten Bergspitzen, warm glühenden Herbstfarben und unendlicher Weite. Durch den Tombstone Territorial Park fahren wir bei bestem Wetter und wir können uns gar nicht satt sehen an all der Schönheit dieses Fleckchens Erde. Der Indian Summer hat vor kurzem Einzug gehalten. Das Spektrum aller Töne von Gelb bis Rot wird nun von Tag zu Tag intensiver.
Während sich mein Beifahrersitz in den ersten 200km noch wie ein Massagestuhl anfühlt, wird es vor Eagle Plains das erste Mal richtig holprig und unangenehm. Die Strasse ist von tiefen Schlaglöchern übersäht, unsere Reisegeschwindigkeit verlangsamt sich schlagartig (😊) von flotten 60kmh auf schneckenhafte 30-40kmh. Nackenstarre, Kopfschmerzen, verkrampfte Muskeln sind die Folge. Eine Dusche wäre da genau das Richtige. Was für ein Glück, dass wir bald in Eagle Plains (in der Hälfte der Strecke) ankommen und uns beim dortigen Camping auffrischen können.
Regel Nr. 2: Solange die Duschen übler riechen als wir selbst, brauchen wir uns nicht zu waschen. Eine genauere Beschreibung der Umstände erspare ich euch jetzt mal…
Durch vier Jahreszeiten (Schnee am Polarkreis, Nebel an der Grenze zu den Northwest Territories, Aprilwetter in Fort McPherson und Sonnenschein in Inuvik) und über zwei Fähren, die uns über den Peel River und den Mackenzie River tuckern, führt uns der Weg schliesslich bis ans Polarmeer und wir kommen heil in Tuktoyaktuk an. Ein wehmütiges Gefühl überkommt uns. Wir stehen nun an einem Ort, von dem wir schon monatelang geträumt hatten, einem Eckpunkt unserer Reise und am Ende der Welt. Unglaublich! Der Abschluss dieser Etappe besiegeln wir kurze Zeit später mit einem wärmenden Tequila-Shot und einer anschliessenden Abkühlung im Polarmeer.
Da es Jessica auf einmal nicht mehr so gut geht, beschliessen wir am nächsten Tag so schnell wie möglich wieder nach Dawson zu fahren. Wir schaffen die Strecke in zwei Tagen, was uns aber nochmals alles an verbliebener Energie abverlangt. Aufgrund von anhaltenden Regenfällen erwischen wir noch gerade eine der letzten Fähren zurück, bevor der Betrieb wegen Hochwasser für unbestimmte Zeit eingestellt werden muss. Die Strasse um Eagle Plains hat sich zwischenzeitlich in eine seifige rutschige Todesbahn verwandelt. Wir sehen einige Autos, die kopfüber im Strassengraben liegen und werden beinahe noch selbst zum Opfer. Aufgrund einer nötigen Vollbremsung verliert Mathias die Kontrolle über das Auto und wir rutschen weg bis wir seitlich neben der Strasse zu stehen kommen. Die Strasse fällt seitlich schräg in einen Graben ab und besteht abseits der Fahrspuren aus dickem Schlamm. Wir können uns nicht mehr selbst aus der prekären Lage befreien, nicht zuletzt, weil wir schon eine ziemliche Schieflage bekommen haben und bei weiterem Gas geben zu Kippen drohen.
Zum Glück sind wir mit Jessica und Jorge unterwegs, die uns schliesslich aus dem Graben rausziehen können.
Erschöpft aber glücklich kommen wir nach einer Woche wieder in Dawson City an und checken gleich mal für zwei Nächste auf dem Campground im Zentrum ein.
Wir haben den Dempster geschafft! Oder er uns…?
P.S. Zeitaufwand für die Autowäsche am nächsten Tag: 5 Stunden
- «Dempster Travelouge» vor dem Start im Yukon Visitor Center besorgen. Darin sind alle Etappen der Strecke genau beschrieben
- Wenn man schon im Visitor Center ist, sich auch gleich über die Wetterlage und den Strassenzustand informieren
- Eine Übernachtung in Tuktoyaktuk einplanen à man kann direkt am Meer übernachten (Kosten: 20 CAD)
- Wenn man einen Zusatztank hat und genügend Diesel für die gesamte Strecke transportieren kann, lohnt es sich in Tok (AK) zu tanken, da die Preise für Kraftstoff in Alaska viel günstiger sind als in Kanada
- Mindestens 1 Reserverad und genügend Bergungsmaterial mitführen. Eine Abschleppung kann teuer werden
- Wenn möglich mindestens zu zweit fahren
- Schon eine kleine Senkung des Luftdrucks in den Reifen hilft die Schläge und das Gerüttel etwas abzudämpfen
- In der letzten Augustwoche oder der ersten Septemberwoche ist die beste Zeit, um den Indian Summer in voller Blüte zu erleben