Weihnachten an der Pazifikküste
Wir blicken 5 Monate zurück. Es war die letzte Juliwoche dieses Jahres als wir im Yellowstone Nationalpark unsere Runden zogen. Wir kamen gerade vom Rundgang im West Thumb Geyser Basin zurück und nahmen auf dem Parkplatz vor unserem Auto einen kleinen Snack zu uns, als uns ein gutaussehender junger Mann mit französischem Akzent ansprach. Da sahen wir Yves zum ersten Mal. Er stellte uns die üblichen Fragen bezüglich unserer Reise und war interessiert am Landcruiser. Der Smalltalk dauerte maximal 10 Minuten und wir verabschiedeten uns wieder. Er unterliess es aber nicht uns zum Schluss zu sich nach Hause in Santa Cruz einzuladen und drückte mir seine E-Mail-Adresse in die Hand. Wir nahmen die Einladung dankend an und versprachen uns zu melden, sobald wir in der Gegend wären.
Nun sind wir in der Gegend und erinnern uns an die Einladung vor knapp einem halben Jahr. Wir sind uns nicht so sicher, ob wir uns nun wirklich bei Yves melden sollen. Obwohl wir in den letzten Monaten längst ein bisschen von der Offenheit der Amerikaner angenommen haben, sind wir im Innersten immer noch ganz Schweizer und empfinden es eher als unangebracht, wenn wir jetzt nach so langer Zeit fragen, ob wir vorbeikommen dürfen und das erst noch in der Weihnachtszeit! Nach langem Hin und Her springen wir aber über unseren Schatten und schreiben Yves eine E-Mail.
Keine Stunde später erhalten wir bereits eine Antwort von Yves, der sich sehr freuen würde, wenn wir ein paar Tage im Studio in seinem Basement verbringen würden. Er merkte zudem an, dass es toll wäre, wenn wir so schnell wie möglich bei ihm sein könnten, damit er uns auch noch sehe, da er mit seiner Freundin Natalie über die Feiertage in die Bahamas fliege. Wir sollen uns aber nicht gestresst fühlen. Falls wir erst später kommen möchte, würde er einfach den Schlüssel bereitlegen.
Da ist sie wieder, diese unglaubliche Gastfreundschaft der Amerikaner…
In diesem Fall überlegen wir nicht lange und fahren direkt nach Santa Cruz. Wir kommen erst gegen Abend an und kommen bei der Fahrt durch die Quartiere in den Genuss von wirklich abgefahrener Weihnachtsdeko. Da gibt es Leute, die haben lebensgrosse Krippen in ihrem Vorgarten stehen oder Hausdächer überragende, grimmig dreinblickende Schneemänner, die im Wind flattern und einem das Fürchten lehren können … und natürlich unzählige blinkende Lichter in allen Farben und Formen.
Ich wusste eigentlich schon gar nicht mehr genau, wie Yves aussieht, erkenne ihn aber sofort, als er uns vor seinem Haus herzlich in Empfang nimmt. Er zeigt uns „unser“ Studio, das wahnsinnig liebevoll eingerichtet ist. Es steht eine Flasche Wein und eine Dose Süsses für uns bereit und wir dürfen sein Home-Entertainment-System mitbenützen, das u.a. aus einer 1300-teiligen Filmdatenbank und ALEXA besteht.
So geniessen wir die Festtage in Santa Cruz, machen ein paar Ausflüge an verschiedene Strandabschnitte in der Umgebung, werden von Natalie und Yves vor ihrer Abreise zum Abendessen eingeladen und feiern am 24. Dezember zu zweit Weihnachten mit mitgebrachtem Raclette aus der Schweiz und ein paar kleinen Geschenken. Ein paar kurze Skype-Sessions mit den Familien zu Hause dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Bevor wir unsere Reise nach Süden fortsetzten, geht es erst nochmals ein bisschen nach Norden. San Francisco ist das Ziel. Wir fahren früh am Morgen des 25. Dezembers los und kommen zwei Stunden später in der goldenen Stadt an, die uns mit bestem Wetter empfängt. Wir parkieren in der Nähe des Golden Gate Welcome Centers und bekommen von hier aus bei einem Spaziergang durch den Park die Brücke bereits in voller Pracht aus verschiedenen Perspektiven zu sehen.
Danach spazieren wir der Waterfront entlang Richtung Fisherman’s Wharf und werden zum ersten Mal mit dem momentan anhaltenden Government Shutdown konfrontiert, als uns der Zutritt zum SF Maritime NHP verwehrt bleibt. Dafür gönnen wir uns im vollgestopften Ghirardelli’s eine viel zu süsse heisse Schokolade, ergreifen kurze Zeit später wieder die Flucht und spazieren weiter zum Pier 39.
Auch da, alles voll! Wir können die knuffigen Seelöwen, die auf den Anlegestellen im Wasser tollen aber durch die vielen Leute hindurch erkennen und dank Mathias‘ Grösse landen auch ein paar Schnappschüsse über die Köpfe der anderen hinweg auf unserer Kamera.
Wir dachten eigentlich, dass an Weihnachten ein guter Tag wäre, um Sightseeing zu machen, da ja bestimmt alle Amerikaner zu Hause am Feiern sind. Leider haben wir unsere Rechnung nicht mit den ganzen Asiaten gemacht, die natürlich keine Weihnachten feiern. San Francisco beheimatet die grösste chinesische Enklave ausserhalb Asiens und es scheint, dass all deren Bewohner heute mit uns zusammen das schöne Wetter in der Stadt geniessen.
So stehen wir heute noch einige Male in einer riesigen Warteschlange. Sei es, um die Lombard Street hinunter zu fahren oder auf der Nordseite der Golden Gate Bridge zum Aussichtspunkt zu kommen … es ist Warten und viel Geduld angesagt. Nicht gerade einer meiner Stärken. Um zum View Point zu kommen, warten wir eine geschlagene Stunde im Stau … bergauf. Die Zufahrtsstrasse wurde nämlich zu einem One-way umfunktioniert, um eine Spur der 2,5km langen Strasse als Parkfelder bereitstellen zu können. Der Ausblick entschädigt dann aber für die nervenaufreibende Anfahrt und so nimmt dieser Tag trotzdem noch ein versöhnliches Ende. Passend dazu gehen wir am Abend dann noch chinesisch essen. Die Chinarestaurants haben nämlich heute, im Gegensatz zu den meisten anderen Gaststätten, geöffnet.
Nach einer nicht ganz so erholsamen Nacht am Golden Gate Vista Point müssen wir am nächsten Tag früh los, denn wir haben gerade noch knapp zwei Tage Zeit, um nach Los Angeles zu kommen, wo wir wieder einmal Gäste am Flughafen abholen dürfen. *Freu*
Wir fahren alles den Highway No. 1 entlang nach Süden und geniessen zwischendurch immer wieder grandiose Aussichten auf den Pazifischen Ozean. In Monterrey fahren wir den sogenannten 17-Mile-Drive, wo sich die Strasse direkt an der unverbauten Küste entlangschlängelt. Beim Point Lobos State Natural Reserve nehmen wir uns die Zeit für eine längere Wanderung, da hier die Chancen gut sein sollen, die hier lebenden putzigen Seeotter zu sichten. Als wir nach 2 Stunden entmutigt aufgeben wollen, zeigt sich in letzter Minute doch noch ein Exemplar in den Fluten.
P.S.: Für Baloo gab es übrigens auch noch ein Weihnachtsgeschenk. Dies haben wir ihm jedoch bereits übergeben bzw. montiert, bevor wir an die Küste gefahren sind. Und zwar sind wir zu Valley Hybrids nach Stockton gefahren und haben die vordere Achse überholen lassen. Wir wussten bereits in der Schweiz, dass diese nicht mehr ganz dicht ist und beim Fahren ständig ein bisschen Differentialöl in die Achse gelaufen ist. Dies hatte zwar bisher keine negativen Effekte mit sich gebracht, wir wollten die Arbeit aber trotzdem noch machen lassen bevor wir weiter nach Lateinamerika fahren, sich dann das Problem womöglich verschlimmert und die Suche nach einem geeigneten Mechaniker immer wie schwieriger wird. Georg ist ein Toyota Landcruiser-Spezialist und kennt auch unser älteres Modell sehr gut. Daher konnten wir bei dieser Gelegenheit auch gleich noch einen Service machen lassen und ein paar Ersatzteile kaufen. Er und sein Team haben einen einwandfreien Job gemacht und wir durften während den zwei Tagen, die es für die Reparatur brauchte bei Georg zu Hause übernachten und wurden zweimal zum Abendessen eingeladen. Vielen Dank dafür Georg!! Im Gegenzug haben unsere restlichen Victorinox Chocolate Knives hier freudige Abnehmer gefunden.