Rauschendes Naturwunder
Darauf haben wir uns schon lange gefreut! An der Grenze zwischen der kanadischen Provinz Ontario und dem US-Staat New York befindet sich ein rauschendes Naturwunder, die Niagara Falls.
Nach dem anstrengenden Toronto quartieren wir uns für drei Nächte am wunderschönen Sunset Beach in St. Catherines ein, einem kleinen Ort ca. 20km entfernt von den Fällen. Nomen est Omen! Wir erleben jeden Abend einen Sonnenuntergang der Extraklasse. Der Platz ist einfach perfekt, da er einerseits mit einem kleinen aber feinen Sandstrand und erfrischendem Lake Ontario auftrumpfen kann und sich andererseits abseits der Touristenmassen befindet. Und das Ganze kostenlos!
Eine gute Gelegenheit also, neben dem Besuch der Wasserfälle auch noch anfallende Notwendigkeiten, wie Ölwechsel, Wäsche waschen und Essensvorräte aufstocken, zu erledigen.
Den ersten Besuch statten wir den Fällen abends ab und kaufen uns gleich den Niagara Adventure Pass (75 CAD p.P. = 56 CHF) mit vier enthaltenen Attraktionen (man gönnt sich ja sonst nichts…). Nach erster Bewunderung der eindrücklichen Wassermassen, die auf der gegenüberliegenden Seite des Niagara Rivers in die Tiefe stürzen, reihen wir uns gleich in die Schlange für eine Tour mit dem «Hornblower» ein. Unser Plan geht auf, der Andrang hält sich kurz vor Feierabend in Grenzen und wir können direkt auf eines der letzten Schiffe, das uns hautnah an die Fälle heranbringen wird. Vor dem Einlass erhalten wir rote Plastikregelmäntelchen zum Überziehen (werden übrigens recycelt).
Voll beladen mit witzig aussehenden roten Männchen fährt der Hornblower los und erzählt uns erst einige Fakten über die American Falls, währenddem wir den Teil der Fälle auf der US-Seite passieren, bevor wir zu den kanadischen Horseshoe Falls vorstossen. In dem Moment kommt uns gerade die «Maid of the Mist» entgegen, das Pendant der US-Amerikaner. Zu erkennen an blau eingewickelten Passagieren. Unter dem Kunststoff lugen tropfende Gesichter und freudig winkende Arme hervor.
Hier spüren wir bereits ein leichtes Lüftchen und einzelne Tropfen in unseren Gesichtern. Mit jedem Meter mit dem wir dem Wasserwall näherkommen, bekommen wir diese Naturgewalt mehr und mehr zu spüren. Bis wir in einem Kegel zu stehen kommen, wo das Wasser von allen Seiten nur so spritzt und ein starker Wind weht. Unmöglich hier miteinander zu sprechen. Dieses Erlebnis ist im wahrsten Sinne atemberaubend.
Am nächsten Morgen gehören wir zur Fraktion «Früher Vogel», denn wir haben gelernt, dass bei den Kanadiern vor 9.00 Uhr nichts geht und die frühen Morgenstunden die beste Zeit sind, eine Sehenswürdigkeit in Ruhe zu besichtigen. Wir haben also die Fälle praktisch für uns alleine.
Die weiteren drei Attraktionen unseres Passes sind einmal «Niagara’s Fury». Da bekommen wir von Mister Flat-Tail (von Beruf Biber 😊) die Entstehungsgeschichte der Niagara Fälle erzählt. Dann machen wir die «Journey behind the Falls». Es gibt einen Tunnel, der hinter den Horseshoe Falls durchführt, wodurch man die Möglichkeit hat das nasse Spektakel aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Zu guter Letzt lassen wir uns vom Shuttlebus (im Pass inbegriffen) noch zum «White Water Walk» chauffieren, wo man Stromschnellen der Kategorie 6 vorfindet. Das heisst, da will man nicht freiwillig hineingeraten.
Es gab allerdings diverse «Daredevils», die sich schon im 19. Jahrhundert todesmutig in die Fluten stürzten…und dabei umkamen. So weit ich mich erinnern kann, hat nur ein Mann diese Aktion überlebt, indem er ohne Hilfsmittel durch die Rapids geschwommen ist. Die bekannteste Sensationsartistin war allerdings Annie Taylor, die sich 1901 in ein Eichenfass packen liess und darin den Ride die 53m hohen Horseshoe Falls hinunter wagte...und überlebte.
Natürlich gibt es auch bei den Niagara Fällen, wie auch sonst bei jeglichen Attraktionen, vor Einlass den obligaten Schnappschuss vor grüner Wand, den man sich nach der Besichtigung beim Gang durch den Souvenirshop ausgedruckt für teuer Geld kaufen kann. Auf dem Bild hier befindet man sich dann im Eichenfass der Madame Taylor wieder.
Was gibt es sonst noch zu sagen? Von der kanadischen Seite aus hat man definitiv den besseren Blick auf die Fälle als von der US-Seite. Uns hat anfangs gestört, dass um ein, von der Natur geschaffenes, Meisterwerk eine riesige Stadt mit Casinos, Hotels und was weiss ich alles gebaut wurde. Allerdings haben wir im Verlauf unseres Besuchs gelernt, dass die Fälle schon seit über 150 Jahren «vermarktet» werden und die Geldmacherei damit sozusagen Tradition hat. Für all jene, die keinen Adrenalinkick oder sonst eine Sondertour wollen, steht das rauschende Wunder immer noch kostenlos zur Verfügung.