Im Land der Vulkane – Teil 1
Expedition Orca – Zweiter Versuch
Nachdem wir in Campbell River vergeblich nach Orcas gesucht hatten, versuchen wir es in Bellingham (Washington) nochmals. Wir buchen erneut eine Ganztagestour mit San Juan Cruises, diesmal jedoch nicht mit einem Zodiac, sondern mit einem «normalen» Schiff. Dementsprechend gemütlicher wird die Tour. Vormittags schippern wir zwischen den zahlreichen San Juan Inseln durch und legen in Friday Harbour an, wo wir alle eine Stunde Zeit zur freien Verfügung haben, um das Örtchen auf eigene Faust zu erkunden.
Leider meint es der Wettergott heute nicht gut mit uns. Auf die Minute genau mit unserer Ankunft schickt er alles auf die Erde hinunter was geht. Regen, Blitz, Donner … und dies genau eine Stunde lang, bis um 12.30 Uhr als wir wieder zurück beim Schiff sein müssen. Daher haben wir leider nicht viel mehr von Friday Harbour gesehen, als den Eingangsbereich der vollgestopften «Cheesecake Café and Bakery».
Zurück an Bord bekommen wir ein reichhaltiges Mittagsbuffet vorgelegt und begeben uns dann endlich auf die Suche nach Orcas. Der Kapitän scheint zuversichtlich und behält recht. Bald entdecken wir in der Ferne tatsächlich die markanten schwarzen Flossen von einem Pärchen. Der Kapitän versucht mehrmals näher an die Tiere ranzukommen, muss dabei aber einen Mindestabstand garantieren können und fährt dementsprechend verhalten vorwärts. Man weiss ja auch nie, wo die Orcas wieder auftauchen, nachdem sie zu einem Tauchgang angesetzt haben. Es kann schon mal passieren, dass auf einmal eine Flosse in Reichweite zum Vorschein kommt. Die Passagiere von anderen Schiffen haben da aber deutlich mehr Glück als wir!
Kurz vor Ende der Tour dürfen wir aber dennoch ein Spektakel der ganz besonderen Art erleben. Weissstreifendelfine sind in Spiellaune und positionieren sich bei einem Schiff nach dem anderen vor dem Bug, um mit der Bugwelle mitschwimmen zu können. Krass, wie sie das Tempo des Schiffes mithalten und zwischendurch gekonnt in die Luft springen! Der Kapitän erzählt uns, er hätte dies auch schon Orcas tun sehen … bei einem Frachtschiff.
North Cascades Nationalpark
Von der Küste in die Berge: Wir fahren zum North Cascades Nationalpark, der in der Kaskadenkette liegt, einem Gebirgszug vulkanischen Ursprungs. Da der Park zum grössten Teil aus Wilderness-Gebiet besteht, fahren wir lediglich einmal von Ost nach West auf der einzigen Durchgangsstrasse durch den Park. Dabei kommen wir an rauschenden Bächen, türkisblauen Stauseen und – einmal mehr – atemberaubenden Aussichtspunkten vorbei.
Was uns aber am meisten fasziniert, ist, dass das Wetter von den Bergen der Kaskaden regelrecht «gestoppt» wird. Das heisst, westlich zur Küste hin regnet es sehr oft, die Landschaft ist grün und auf der Olympic Peninsula (Halbinsel im Nordwesten von Washington) gibt es sogar Regenwald. Die Wolken schaffen es aber nicht sich über das Gebirge zu bewegen, weshalb der oft anhaltende Dauerregen abrupt stoppt, kaum ist man über den höchsten Punkt der Cascades rüber. Man findet sich dann in der sogenannten «High Desert» wieder, wo die Landschaft von grosser Trockenheit geprägt ist.
Mount Rainier Nationalpark
Aufbruch ins Innere des Mount Rainier Nationalparks: dichter sattgrüner Nadelwald umgibt uns, glasklare tiefblaue Bergseen säumen unsere Route, aus der Landschaft ragt der Gipfel eines mächtigen ehrfürchtigen Vulkans, sein Gipfel ist mit einer, im Sonnenlicht glänzenden, Zuckerkruste verziert. Ein beinahe kitschiges Bild bietet uns Mutter Natur an diesem schönen Herbsttag.
Mit 4392 Metern ist der Mount Rainier der höchste Vulkan der Kaskadenkette und der Gipfel mit dem grössten zusammenhängenden Gletscher (90 km2) in den Lower 48 der USA. Der Nationalpark bietet neben Unmengen an Wander- und Klettermöglichkeiten auch eindrucksvolle Aussichten. Der Pacific Crest Trail (PCT), ein über 4000 Kilometer langer Fernwanderweg, führt ebenfalls durch den Nationalpark.
Nach dem Besuch des Sunrise Visitor Centers entscheiden wir uns die Nacht im Park zu verbringen und quartieren uns auf einem Stellplatz des White River Campgrounds ein. Da wir in letzter Zeit viel gefahren sind und unseren Knochen mal wieder etwas Bewegung guttun würde, starten wir nach dem Abendessen noch zum Glacier Basin Trail, der vom Campingplatz aus zu, wie der Name schon sagt, einem Gletscher führt. Leider haben wir uns mit dem Zeitpunkt des Sonnenuntergangs vertan, so dass wir auf halber Strecke umkehren müssen, um nicht bei stockfinsterer Nacht auf dem nicht gerade ebenen und teilweise ausgesetzten Weg zurückkehren zu müssen.
Neuer Tag, neue Chance: Auch heute strahlt die Sonne wieder und wir starten einen zweiten Versuch, den Gletschern des Mount Rainier näherzukommen. Diesmal brechen wir von «Paradise» auf und zwar auf den Skyline Trail (9,2km / 650Hm). Der Name hält, was er verspricht. Nach steilen schweisstreibenden zwei Kilometern werden wir das erste Mal mit einem wahnsinnigen Panorama belohnt. Die schneebedeckten Gipfel von Mount Adams, Mount St. Helens und Mount Hood (sozusagen den kleinen Brüdern von Rainier) reihen sich entlang des Horizonts auf und machen vor dem azurblauen Himmelszelt eine gute Figur.
Etwas weiter beim Panorama Point müssen wir aufpassen, dass uns die gierigen Streifenhörnchen und Murmeli unser Znüni nicht stibitzen.
Weiter geht’s mal rauf, mal runter durch Schnee, über kleine Bäche und entlang von Wildblumenwiesen, die uns die sattesten Herbstfarben auf die Pupillen knallen. Begleitet werden wir stets von der unikalen Skyline.