Naturparadies Belize
Eigentlich wäre es ein ganz schöner Platz gewesen. Einer, an dem wir mehrere Tage hätten verweilen können. Einer, der sogar Anwärter für die Top 10 der traumhaftesten Wildcampingplätze unserer ganzen Reise hätte sein können. Wäre da nicht diese eine Nacht dazwischengekommen …
… begonnen hatte es schon damit, dass nach Sonnenuntergang diese fiesen Sand Flies wieder aufgetaucht sind, die ihren Himmel auf meiner Haut gefunden zu haben scheinen. Uns juckt, brennt und schmerzt es am ganzen Körper. Wir benutzen Anti-Brumm, stellen Moskito-Spiralen auf und sprühen unser Auto von oben bis unten mit einem extrastarken lokalen «Anti-Bug-Spray» voll, an dem wir selbst beinahe ersticken. Die Viecher beeindruckt dies alles aber herzlich wenig. Irgendwann nicken wir aufgrund von Übermüdung ein und schlafen knappe zwei Stunden bis wir wieder geweckt werden … von einem Motorengeräusch.
Ich schrecke auf und höre genau hin. Wir haben unser Nachtlager ziemlich abgelegen an einem Fluss eingerichtet und eigentlich hätte ich hier in der Nähe keine Menschenseele erwartet, erst recht nicht in der Nacht. Ich schaue auf die Uhr – es ist 1.00 Uhr. Die Geräusche werden immer lauter und es bleibt kein Zweifel – uns nähert sich ein Fahrzeug. Kaum war dieser Gedanke gefasst, sehe ich von Weitem auch schon das Flackern des Scheinwerferlichts…
… mit heulendem Motor schiesst keine 30 Sekunden später ein Pick-up Truck aus dem Wald hinter uns und kommt etwa drei Meter von uns entfernt zum Stehen. Es steigen 3 Männer aus. Den Motor lassen sie weiterlaufen. Nun ist auch Mathias wach und mir geht durch den Kopf, wie ich gelesen habe, dass unweit von unserem Standort letztes Jahr zwei Reisende in ihrem Van ermordet worden sind. Nun kommt bei uns ziemliches Muffensausen auf – was wollen die hier?
Wie immer haben wir unser Auto auf «Flucht» parkiert. Ich steige schon mal nach unten und mache mich bereit, dass wir losfahren könnten. Währenddessen behalte ich die Männer stets im Blick. Ich kann in der Dunkelheit erkennen, dass sie ein Kanu vom Pick-up herunterholen und dies zu Wasser lassen. Zudem leuchten sie mit Taschenlampen das gegenüberliegende Flussufer ab. Sie verhalten sich sehr ruhig, sprechen leise und scheinen sich nicht für uns zu interessieren. Nun verlangsamt sich mein Herzschlag wieder und ich bin mir ziemlich sicher, dass von diesen Leuten keine Gefahr ausgeht. Also gehe ich wieder zu Bett und versuche einzuschlafen. Dies gelingt mir aber erst eine Stunde später, als die Männer um 02.00 Uhr mit dem Kanu losfahren. Als sie um 04.00 Uhr zurückkommen, werden wir noch ein letztes Mal in dieser Nacht geweckt. Damit hatten wir aber schon gerechnet. Waren diese Männer Jäger? War es eine Nachttour? – Wir werden es nie erfahren…
Unausgeschlafen stehen wir am nächsten Morgen auf und packen wieder einmal früher als erhofft unsere Sachen zusammen und fahren los. Wir bleiben also auf der Suche nach DEM perfekten Übernachtungsplatz in der Wildnis, wo einfach alles stimmt…
Um an unser nächstes Ziel zu kommen, nehmen wir den Coastal Highway, eine gut zu befahrende Dirtroad und rattern durch wilde Dschungellandschaft. Die schöne Natur und das Gefühl von unendlicher Freiheit entschädigen für die letzte Nacht. Gegen Abend kommen wir in Placencia an und dürfen bei einem der unzähligen Resorts, die hier neben Luxusvillen reicher Amerikaner oder Kanadier stehen, kostenlos campen. Einzige Bedingung der Inhaber ist, dass wir einmal pro Tag bei ihnen im Restaurant essen, solange wir hier sind – ein wahnsinniger Deal! Nach zwei Tagen fühlen wir uns dann neben all den anderen Gästen, die 250 USD pro Nacht für ihr Zimmer hinblättern doch etwas fehl am Platz und ziehen weiter.
Belize ist wirklich klein. So verlassen wir mit Placencia bereits unseren südlichsten Punkt im Land und steuern das Cockscomb Basin Wildlife Sanctuary an. Dies ist ein Schutzgebiet, das als erstes weltweit zum Schutz von Jaguaren errichtet wurde. Natürlich wollen wir die majestätischen Raubkatzen in freier Wildbahn sehen und informieren uns im Visitor Center über mögliche Wanderungen. Obwohl die Katzen vor allem in der Nacht unterwegs sind und es sehr unwahrscheinlich ist, dass man sie zu Gesicht bekommt, finden wir im Logbuch doch wöchentlich Einträge von Sichtungen auf der Zufahrtsstrasse zum und auch im Park. Und das sind nur diejenigen, die auf dem Weg IN den Park gesichtet wurden … dies nehmen wir zumindest an. Oder wer würde schon auf dem Weg hinaus nochmals umdrehen, lediglich des Logbucheintrags wegen?! Wir können also hoffen…
Wir legen uns mit Hilfe der Rangerin einen Masterplan zurecht, mit dem wir die besten Chancen haben sollten, um Wildlife vor die Linse zu bekommen. So biegen wir am späten Nachmittag in den knapp 7km langen Antelope-Trail ein. Es dauert nicht lange bis uns wilder Dschungel umgibt, Lianen in der Gegend rumhängen und uns dunkles Grün beinahe verschlingt. Der Wald lebt, wir hören überall Geräusche und gehen auf leisen Füssen vorwärts. Jedes Mal, wenn wir ein Rascheln in unserer Nähe wahrnehmen, halten wir an, spähen in den Urwald hinein … und können NICHTS erkennen. Die Vegetation ist einfach zu dicht und somit bleibt uns am Schluss lediglich die Ausbeute von: 1 white-tailed deer (ist jetzt nichts Besonderes), 1 Spectacled Owl (immerhin…) und 1 Blattscheideameisenstrasse.
Gesenkten Hauptes kommen wir zurück und versuchen unser Glück nach einem kleinen Imbiss gleich beim nächsten Trail. Diesmal wandern wir der Zufahrtsstrasse entlang zu einem Flugzeugwrack. Die schurgerade Strasse diente früher als Landebahn für kleine Flugzeuge, die die Bestände der hier lebenden Jaguare aus der Luft erhoben. Im Jahr 1984 hat sich ein Pilot beim Start vertan, hat sich mit dem Flügel in einem Baum verheddert und war danach schneller wieder am Boden als ihm lieb war. Beide Insassen haben zum Glück überlebt. Die Wanderung zu dem Wrack ist zwar ganz nett, aber auch hier wieder: Keine Tiere.
Am nächsten Morgen stehen wir nochmals früh auf und nehmen bei Dämmerung den Tiger Fern Trail in Angriff. «Tiger» ist hier übrigens die Bezeichnung für Jaguare. Wenn das kein gutes Omen ist…
Diese Wanderung führt steil den Berg hoch zu einem Aussichtspunkt, wo wir eine eindrückliche Sicht über den ganzen Dschungel haben und dann steil wieder bergab zu einem natürlichen Pool mit kleinen Wasserfällen. Vollgeschwitzt springen wir ins kühle Nass und freuen uns über die Gratisdusche. Leider hält der Effekt nicht lange an, da wir anschliessend auf dem Rückweg alles wieder hoch müssen und nach nur wenigen Minuten wieder den alten Zustand erreicht haben, was die Körperhygiene betrifft.
Leider müssen wir auch hier bei der Kategorie «Tiersichtungen» wieder eine grosse fette 0 verzeichnen.
Der nächste Park ist zum Glück nicht weit und da wir gerade voll im Hiking-Modus sind, machen wir auch im Mayflower Bokwina National Park Halt. Fortan quälen wir uns noch einmal einen Berg hoch, diesmal zum Antelope Waterfall, und kommen oben fix und fertig an, werden aber erneut mit einer schönen Aussicht (bis aufs Meer!) und einer Abkühlung in einem Naturpool belohnt. Beim Abstieg nehmen wir uns wieder mal vor, ab sofort mehr Sport zu treiben. Haha!
Noch am selben Tag fahren wir weiter bis nach Belmopan, wo schon bald das nächste Highlight auf uns wartet…