Auf in den Norden
Kanada begrüsst uns wie wir es verlassen haben – mit strahlendem Sonnenschein und einer Affenhitze.
Edmonton
Unsere erste Anlaufstelle im neuen alten Land ist 4WheelAuto in Edmonton, wo wir unser Auto nach den Komplikationen in Cody durchchecken lassen und uns natürlich noch persönlich bei Dan für seine Hilfe damals bedanken. Zum Glück scheint alles in Ordnung zu sein mit Baloo. Dan meint sogar, er sei in einem sehr guten Zustand. Zusätzlich zu dem kleinen Service lassen wir noch die Reifen rotieren, was schon lange fällig war, und kaufen endlich den fehlenden Kompressor (wir hatten noch in der Schweiz einen bestellt, der es leider nicht vor unserer Abreise bis nach Köniz schaffte).
Da wir schon mal in Edmonton sind, besuchen wir am selben Abend noch die West Edmonton Wall, das grösste Einkaufszentrum Nordamerikas. Wahnsinn, fällt mir dazu nur ein! Neben unzähligen Läden findet man hier einen Eislaufrink, einen kleinen Freizeitpark mit Achterbahn und allem drum und dran, ein Piratenschiff, ein Casino, und und und…
Obwohl wir uns beim Eingang noch einig waren, dass wir nichts brauchen, sind trotzdem ein paar Kleinigkeiten in meine Einkaufstasche gewandert. So bin ich nun stolze Besitzerin einer neuen Swatch und mit einem biologisch abbaubaren Haarshampoo von LUSH hatte ich sowieso auch schon lange geliebäugelt.
Zum Start des Alaska Highways in Dawson Creek
Leider werden wir schon kurz nach Edmonton Zeugen der vielen Waldbrände, die momentan in British Columbia wüten, resp. von deren Auswirkungen. Die Landschaft ist von einer dicken Rauchwolke bedeckt. Teilweise können wir nur wenige Meter weit sehen aufgrund des dichten Qualms und entscheiden uns deshalb die geplanten Nationalpärke Jasper und Banff zu überspringen und stattdessen direkt in den Norden zu fahren. Brände gibt es jedes Jahr, nur sei es heuer aufgrund der anhaltenden Dürre besonders schlimm.
Über den Highway 40 erreichen wir Grande Cache und besuchen die nahegelegenen Sulphur Gates und den Split Rock. Etwas deprimiert kehren wir danach zum Auto zurück. Die Aussicht, die man hier bei klarer Sicht haben würde, können wir uns lediglich vorstellen. Wir beschliessen deshalb zügig weiter zu fahren und an unserem Hochzeitgeschenk für unsere Freunde Marina und Pascal, die bald in der Schweiz heiraten werden, zu arbeiten – wir erstellen ein kurzes Video mit Hochzeitgrüssen von uns und einem integrierten Quiz. Das Auswählen und Zusammenschneiden der einzelnen Sequenzen hebt unsere Stimmung wieder. Hoffentlich werden sie es auch so lustig finden, wie wir…
Dawson Creek – Watson Lake
Wie bereits erwähnt, startet in Dawson Creek der Alaska Highway. Diese 2233 Kilometer lange Strasse führt von Dawson Creek, wo sich die «Mile 0» befindet, durch British Columbia und den Yukon bis nach Fairbanks (AK). Der Bau des Alaska Highway, oder kurz «Alcan», wurde durch Präsident Roosevelt nach der Bombardierung von Pearl Harbour im Jahr 1942 in Auftrag gegeben. Man befürchtete damals aufgrund der geografischen Lage einen weiteren Angriff der Japaner auf Alaska. Die gesamte Strecke wurde in einer Rekordzeit von nur 8 Monaten und 23 Tagen von 11'000 Soldaten, sowie 16'000 Zivilisten fertiggestellt.
Ganz in der Nähe von Dawson Creek lohnt sich aus unserer Sicht der Besuch der alten hölzernen Eisenbahnbrücke in Pouce Coupe. Sie wird heute nicht mehr genutzt, weshalb man zu Fuss über die Brücke spazieren kann. Ein bisschen Nervenkitzel ist auch garantiert, denn die querliegenden Holzbalken unter den Schienen, auf denen man geht, liegen teilweise ziemlich weit auseinander…also: Mind the gap!
Aufgrund des teilweise immer noch starken Rauchqualms in der Luft fahren wir ziemlich zügig gen Norden. Natürlich halten wir immer Ausschau nach Wildlife, denn wir befinden uns hier in der sogenannten «Serengeti des Nordens». Leider scheinen wir aber diesbezüglich nicht so viel Glück zu haben. Alles was wir zu Gesicht bekommen, sind die omnipräsenten Eichhörnchen. Ich freue mich aber trotzdem jedes Mal, wenn ich eins sehe, weil die einfach sooooo süss sind. Eines beobachten wir ziemlich lange beim Sammeln seines Wintervorrats.
Ein Highlight auf der Strecke bis nach Watson Lake sind die Liard Hot Springs. Die zweitgrössten natürlichen heissen Quellen in Kanada wärmen uns einen ganzen Morgen lang auf. Die Temperaturen sind mittlerweile drastisch gesunken und erreichen in der Nacht teilweise sogar den 0-Punkt. Um die Quellen wurde zwar ein Steg und eine kleine Anlage gebaut, wir finden sie aber trotzdem sehr schön und naturbelassen. Mit einigen anderen Leuten muss man sich das Erlebnis aber natürlich teilen.
Auf der Weiterfahrt bis nach Watson Lake kommen wir zwar noch an einer Herde Wood Bisons vorbei, ansonsten lässt sich aber immer noch kein anderes Tier blicken. Wir haben zudem ein bisschen den Koller von den langen Fahrtagen in letzter Zeit aufgrund der grossen Distanz bis nach Alaska. Wir überlegen uns, ob wir besser in Watson Lake umkehren sollen, um uns mehr Zeit im Süden von British Columbia nehmen zu können. In der Hoffnung dann auch mehr Tiere zu sehen und allgemein mehr Zeit zum Entdecken einzelner Orte zu haben. Das würde aber bedeuten, dass wir eines unserer grossen Ziele dieser Reise, nämlich nach Alaska und den Dempster Highway zu fahren, verwerfen würden.
Beim Abendessen vor dem Sign Post Forest in Watson Lake diskutieren wir lange, was wir tun sollen. Wie wir uns entscheiden werden, werdet ihr im nächsten Bericht erfahren.